Wir verwenden essenzielle Cookies, um Ihnen ein besseres Erlebnis auf unserer Website zu gewährleisten. Mehr erfahren

Foto: Giulio-Enrico Pisani


Foto:
© Wolfgang Osterheld

Giulio-Enrico Pisani

Rom ()

Pseudonyme: Robert Steigerwald ; V.B.

Giulio-Enrico Pisani lebte in Rom, ab 1951 in Winterthur (CH) und ab 1953 in Brüssel, wo er 1963 ein Handelsabitur ablegte. Es folgte ein achtzehnmonatiges Praktikum bei den Klöckner Stahlwerken in Troisdorf. Von 1965 bis 1999 war er Angestellter des ARBED-Konzerns in Luxemburg. Giulio-Enrico Pisani ist in der Kommunistischen Partei Luxemburgs engagiert. Er ist der Bruder von Béatrice Pisani.

Giulio-Enrico Pisani schreibt Erzählprosa, essayistische Prosa, Drama und Lyrik in deutscher, vor allem aber in französischer Sprache.

In den frühen 60er Jahren trat er als Autor kleinerer dramatischer Werke in französischer Sprache hervor, die in Brüssel aufgeführt wurden. Nach einer längeren Schaffenspause im Bereich des Theaters wurde seine einaktige Komödie Le Remplaçant 2011 auf dem sechsten Europäischen Stückemarkt im CNL in Mersch vorgetragen.

In der ersten Hälfte der 90er Jahre veröffentlichte Giulio-Enrico Pisani deutschsprachige Kurzprosa in luxemburgischen Zeitungen und Zeitschriften, auf die der historische Roman Der Flug des Bussards folgte. Im Mittelpunkt des Romans, der Fragen der politischen Macht und des Verhältnisses des Einzelnen zu den weltgeschichtlichen Kräften thematisiert, stehen die Figur des letzten römischen Königs Lucius Tarquinus Superbus und die Geburt der römischen Republik.

In der Folge wechselte der Autor wieder zur französischen Sprache über. Zwischen 2000 und 2007 erschienen der Kriminalroman Ridi Bajazzo, der „roman noir“ Portes d'arrêt sowie der dem Genre der Politik-Fiktion angehörige Roman V. R. 2057. Es handelt sich bei letzterem um eine Dystopie, die im Luxemburg des Jahres 2057 angesiedelt ist, wobei „V. R.“ für „Virtual Reality“ steht. Ein nunmehr tropisches Europa ist gekennzeichnet durch die Folgen des Klimawandels, eine tiefe ökonomisch-soziale Krise, die ein in seinem Endstadium in den Faschismus mündender Neoliberalismus geschaffen hat, und den Einsatz von Techniken der virtuellen Realität zur Hirnwäsche politischer Kritiker. Mithilfe von historischen Rückblenden und eines Wechsels zwischen Wirklichkeit und Traumsequenzen legt Pisani dar, wie es aus marxistischer Sicht zu dieser Entwicklung kam und wie sie möglicherweise zu verhindern wäre. Der 2021 erschienene Roman Voleurs de liberté, dessen Genese auf die 1980er Jahre zurückgeht, erzählt die sich über drei Jahrzehnte erstreckende Geschichte einer Gruppe von Freunden unterschiedlicher Herkunft. Sie alle leiden unter je eigenen Formen der persönlichen Knechtschaft, sei es materielles Elend, die Macht des Finanzkapitalismus oder psychische Fragilität, aus denen sie im Anschluss an eine wundersam-surrealistische Irrfahrt mit einem Boot von der Nordsee nach Polynesien Befreiung erfahren. Der mit fantastischen Elementen durchsetzte, u.a. auf die Melusina-Sage Bezug nehmende Roman ist zugleich eine Reflexion über das Wesen und die Bedingungen persönlicher Freiheit.

Seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre schreibt Giulio-Enrico Pisani auch Lyrik in französischer Sprache. Im Anschluss an die Gedichtbände Amours d'un soir de fin septembre / Spätseptemberabendliebe (1996) und Amour, humour, fantasmes et (r)appels (1999) legte er nach einer längeren lyrischen Schaffenspause im Jahr 2014 mit La nuit est un autre jour einen dritten Lyrikband vor. Im Jahr 2016 folgte Claudine, eine Auseinandersetzung des Autors mit dem Tod seiner Frau, ein Thema, das in Teilen auch noch den 2020 erschienenen Band Mes nuits sont plus folles que mes jours prägt. Giulio-Enrico Pisanis Gedichte verhandeln Fragen nach Eros, Liebe und Glück, nach Vergänglichkeit und Ewigkeit und sind von einem Gestus der Auflehnung gegen jegliche Form der Unterdrückung sowie einem Engagement für eine menschlichere Gesellschaft getragen.

Gedichte, Erzählungen, Essays, politische Beiträge und Literaturkritiken von Giulio-Enrico Pisani erschienen überdies in Zeitungen und Zeitschriften wie Les Cahiers luxembourgeois, De Flautert, d'Lëtzebuerger Land, Lëtzebuerger Journal, Le Quotidien, Le Républicain lorrain, Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek, Tageblatt und Galerie. Der Essay Entretien de Jostein avec Jean-Marie The Plume erschien in der Anthologie Der Augenblick schwebt über dem Fluß (1999), der Gedichtzyklus Au nom… in der Anthologie À sept voix (2002). 2007 veröffentlichte er unter dem Titel Charles Marx. Un héros luxembourgeois eine Biografie über den Arzt, Widerstandskämpfer und kommunistischen Minister in der Regierung der nationalen Einheit der Nachkriegszeit. Zudem gab Giulio-Enrico Pisani den Essai in Briefen Nous sommes tous des migrants (2009) heraus, an dem u.a. Laurent Mignon mitgewirkt hat. Mit dem tunesischen Dichter Jalel El Gharbi veröffentlichte er die kommentierte Anthologie Des passantes et des passants. Désirer, être désiré(e) (2012), eine essayistisch-poetische Erkundung des titelgebenden Motivs. Sie versammelt Gedichte und eine geringere Anzahl an Prosatexten aus den Literaturen Europas und des arabisch-islamischen Raums, in deren Mittelpunkt die Figur des Passanten und, hauptsächlich, der Passantin steht. Als flüchtige Erscheinung und Objekt eines ephemeren Verlangens eignet sich diese Figur für vielfache allegorische Deutungen, nicht zuletzt als Sinnbild der Dichtung selbst. Ein Briefwechsel zwischen Giulio-Enrico Pisani und Laurent Mignon über politisch-kulturelle Konfliktlinien zwischen dem Nord- und dem Südufer des Mittelmeeres erschien 2010 unter dem Titel Deux rives, une mer. Notes sur la nécessité de nouvelles passerelles in drei Heften der Zeitschrift Galerie.

Ein Sonderpreis des Saarbrücker Hans Bernhard Schiff-Literaturpreises wurde Giulio-Enrico Pisani 2003 für den Kurzprosatext Le Rêve américain und 2005 für die Kurzgeschichte Vie, où est ta victoire ? verliehen. Er wurde mehrfach beim Concours littéraire national ausgezeichnet und war Mitglied des LSV.

Dieser Artikel wurde verfasst von Pierre Marson

Veröffentlichungen

Übersetzungen

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    Apertura Magazine
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Cahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des arts
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Flautert (De)
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Lëtzebuerger Journal / Letzeburger Journal / Journal / LJ. Politik, Finanzen a Gesellschaft
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Lëtzebuerger Land (d') / d'Letzeburger Land / LL. unabhängige Wochenschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Quotidien (Le)
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Républicain Lorrain. est-journal. grand régional d’information, quotidien indépendant
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Tageblatt / Escher Tageblatt = Journal d'Esch. Zeitung fir Lëtzebuerg
    Verwendete Namen
    Giulio-Enrico Pisani
  • Titel der Zeitschriften
    Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek / Zeitung vum Letzeburger Vollek / ZLV. Zentralorgan der KPL
    Verwendete Namen
    Robert Steigerwald
    Giulio-Enrico Pisani
    V.B.

Sekundärliteratur

Auszeichnungen

Mitgliedschaft

  • LSV - Lëtzebuerger Schrëftstellerverband [1986-2016]

Archiv

  • CNL L-0246
Zitiernachweis:
Marson, Pierre: Giulio-Enrico Pisani. Unter: , aktualisiert am 14.12.2023, zuletzt eingesehen am .