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Foto: André Simoncini


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André Simoncini

Esch/Alzette

Als Sohn italienischer Einwanderer verbrachte André Simoncini seine Kindheit in Esch/Alzette und Schifflingen. Nach der Grundschule besuchte er kurz die Schlosserausbildung der Berufsschule. Danach war er mehrere Jahre lang in verschiedenen Bereichen tätig, unter anderem als Angestellter der Brasserie des Hotels Cravat. Er begann sich für deutsche und französische Literatur zu interessieren und Kunstbücher und -drucke zu sammeln. Dank einer Aufnahmeprüfung, die damals erstmals für Nicht-Abiturienten angeboten wurde, konnte er sich am Centre d'Études des langues vivantes der Universität Orléans-Tours einschreiben und erwarb dort sein Übersetzerdiplom. Von 1969 bis 1975 arbeitete er für die NATO bei der Nato Maintenance and Supply Agency (NAMSA) in Capellen. 1975 übernahm er die Leitung des Hôtel Français in Luxemburg, das 1997 in seinen Besitz überging. Ende 1982 eröffnete er die Galerie Simoncini in der Louvigny Straße, die 2006 in das Hôtel Simoncini, sein zweites Unternehmen, integriert wurde.

André Simoncini ist Galerist. In seiner Galerie stellt er Skulpturen, Zeichnungen, Gravuren und Gemälde mit dem Bestreben aus, die künstlerische Auseinandersetzung und den Wettstreit zwischen nationaler und internationaler Kunst zu fördern. In den 1980er Jahren wurden so z.B. Künstler aus Osteuropa und in den 1990er Jahren Künstler aus Asien, insbesondere aus Japan, gezeigt. André Simoncini hat mehr als 200 Ausstellungen mit rund 240 Künstlern organisiert. Im März 1994 gründete er die Association professionnelle des galeries d'art du Grand-Duché de Luxembourg, die bis Anfang der 2000er Jahre aktiv blieb. Ziel dieser Organisation war es, kulturelle Kohärenz und qualitativ hochwertige, professionelle Arbeit zwischen Galerien, Künstlern und Institutionen auf nationaler und internationaler Ebene zu sichern.

André Simoncini ist Verleger. 1982 gründete er den Verlag Éditions Simoncini, der eine Serie von 28 bibliophile Publikationen herausgab, in denen Gedichtsammlungen mit Originalillustrationen von Künstlern verbunden wurden. Unter den Werken findet man beispielsweise Gedichte von Joseph Paul Schneider mit Illustrationen von Camille Hirtz, von Alain Bosquet mit Illustrationen von Marc Pessin und des Weiteren Edmond Dune illustriert von Roger Bertemes, José Ensch illustriert von Mario Prassinos, Michel Butor illustriert von Axel Cassel, Léopold Sédar Senghor illustriert von Marguerite de Limburg-Stirum, Eugène Guillevic illustriert von Vincent Gagliardi, Anise Koltz illustriert von Stéphane Erouane Dumas, Pierre Joris illustriert von Nicole Peyrafitte. Zur Liste gehören auch zwei Literaturnobelpreisträger: Jaroslav Seifert und Gao Xingjian. 1987 gründete André Simoncini eine literarische und künstlerische Zeitschrift mit dem Titel Échanges, von der zwei Ausgaben veröffentlicht wurden. Die Zeitschrift verdeutlicht seine Auffassung von Kunst als kreativer Spielwiese, die offen ist für den Austausch zwischen den Künsten, aber auch den Wunsch, die lyrische und künstlerische Praxis des Großherzogtum Luxemburgs über seine Grenzen hinaus bekannt zu machen, sowohl was das künstlerische Schaffen als auch die Kunstkritik angeht. 1990 veröffentlichte die Éditions Simoncini eine von Charles Carrère und Amadou Lamine Sall herausgegebene Nouvelle Anthologie de la poésie nègre et malgache. Zudem erschienen einige Ausstellungskataloge, wie z.B. über Jhemp Bastin und Nicolae Fleissig.

Mitte der 1990er Jahre organisierte André Simoncini eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Bibliophile: à l’écoute des poètes“. Bei diesen Ausstellungen wurden sowohl Gedichte als auch Originalkunstwerke gezeigt und nationale und internationale Dichter (aus Belgien, der Tschechischen Republik und der ehemaligen DDR) lasen Auszüge aus ihren Werken. Die Veranstaltungen wurden in Ton und Bild aufgezeichnet. Seitdem organisiert die Galerie regelmäßig der Lyrik gewidmete Veranstaltungen in ihrem Ausstellungsraum und an anderen Orten wie dem Centre Culturel Français, dem Théâtre du Centaure, der Kufa und der Abtei Neumünster. José Ensch, Charles Carrère, Gao Xingjian und Anise Koltz sind dort viele Male anwesend gewesen. Seit 2008 arbeitet die Galerie mit dem Printemps des poètes zusammen und organisiert Veranstaltungen, bei denen unter anderem Lambert Schlechter, Florent Toniello und Hélène Tyrtoff gelesen haben.

André Simoncini ist Dichter. In den 1970er Jahren war er Teil der luxemburgischen Literaturszene und traf dort unter anderem auf Rosemarie Kieffer, Anise Koltz und Paul Henkes, der ihn dazu ermutigte, seine Gedichte zu veröffentlichen. André Simoncini hat insgesamt acht Gedichtbände publiziert: Aube impalpable, mit einer Gravur von Zdenka Datheil (1977), Versant probatoire (1984), Manuel de l'éphémère (1988) und, nach einer Pause, in der er sich seiner Arbeit als Galerist und Verleger widmete, La Plaine des absents mit zwei Gravuren von Axel Cassel (2013), Dieu se cache mit Fotos von Kozo Yano (2014), Le Manuel du silence (2016), Le Tournoiement des ombres (2021) mit Radierungen von Holley Chirot und L'Union des sels (2023). Seine Lyrik ist geprägt vom tiefen Humanismus eines Menschen, der sich gegen die Conditio humana und die menschliche Grausamkeit auflehnt und den Sinn des Lebens in Frage stellt. Sie drückt den Schmerz eines Vaters angesichts der Krankheit seines Kindes aus, verurteilt Ungerechtigkeiten und Massaker, Freiheitsberaubung und Menschenrechtsverletzungen, die Globalisierung und ihre Folgen für den Einzelnen und für die kulturelle Vielfalt, untersucht mögliche Wege der Persönlichkeitsentfaltung und erkundet die Besonderheiten der drei Lebensalter des Menschen – der Kindheit, des Erwachsenenalters und des Alters. Um zu bewegen, präsentiert sie sich schlicht und schlägt unterschiedliche Töne an. Oft ist sie ungestüm, kategorisch oder bissig aber auch warm und liebevoll, und zeigt so, was sie verurteilt oder worauf sie hofft. Das 2006 erschienene Kunstbuch Écoute, das zwei Gedichte von André Simoncini enthält, die mit Siebdrucken von Rikizo illustriert wurden, zeichnet sich durch seine besondere grafische Gestaltung aus, bei der Kozo Yano und Rikizo das Konzept des „Faltens“ reflektieren: Der schachtelförmige Einband und die Seiten lassen sich auseinanderfalten.

Gedichte von André Simoncini wurden in Anthologien wie Partages (1985), Lëtzebuerg 1989 (1989) und Anthologie luxembourgeoise (1999) veröffentlicht. Andere wurden ins Mazedonische übersetzt und in der Anthologie Sovremena luksemburška poezija (1992) publiziert. Die Sammlung Dieu se cache gibt es in japanischer und italienischer Übersetzung.

André Simoncini war Mitglied des LSV bis zu dessen Auflösung 2016. Er veröffentlichte zahlreiche Essays zu diversen Themen, wie z.B. zur Stadt Luxemburg, Kulturhauptstadt Europas (1995), zum Projekt Musée d’Art contemporain (dem heutigen Mudam), zur Weltwirtschaft und zum „Nation Branding“ oder zur Problematik von älteren Menschen und Altenheimen. Einige Artikel sind politische Beiträge, die sich auf die 1990er Jahre konzentrieren, in denen André Simoncini Mitglied der Luxemburger Sozialistischen Arbeiterpartei (LSAP) war.

Dieser Artikel wurde verfasst von Germaine Goetzinger und Claude Bommertz

Veröffentlichungen

Sonstige Mitarbeit

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    Échanges
    Verwendete Namen
    André Simoncini
  • Titel der Zeitschriften
    forum. fir kritesch Informatioun iwer Politik, Kultur a Relioun
    Verwendete Namen
    André Simoncini
  • Titel der Zeitschriften
    Nouvelles Pages de la SELF (Les)
    Verwendete Namen
    André Simoncini

Sekundärliteratur

Mitgliedschaft

  • LSV - Lëtzebuerger Schrëftstellerverband [1986-2016]

Archiv

  • CNL L-0387
Zitiernachweis:
Goetzinger, Germaine/Bommertz, Claude: André Simoncini. Unter: , aktualisiert am 18.04.2024, zuletzt eingesehen am .