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Foto: Claudine Muno


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© Philippe Matsas/CNL

Claudine Muno

C. Muno
Luxemburg

Pseudonyme: cm

Claudine Muno besuchte die Grundschule in Petingen und ab 1991 die École privée Fieldgen in Luxemburg. Nach dem Abitur 1998 und einem Aufenthalt an der Miami University (Oxford, Ohio) studierte sie Geschichte von 1998 bis 2000 und von 2000 bis 2001 Anglistik in Luxemburg. In Straßburg beendete sie 2003 ihr Studium der Geschichte mit einer Arbeit über den Zweiten Weltkrieg im luxemburgischen Kunst- und Dokumentarfilm. Claudine Muno schrieb ab 1998 Beiträge für das Feuilleton in Luxemburger Wort und Télécran und arbeitete von 2004 bis Sommer 2005 als Kulturredakteurin bei der woxx. Anschließend unterrichtete sie Musik am Gymnasium Neie Lycée, später Lycée Ermesinde. 2022 arbeitete sie für den Radiosender 100komma7.

Claudine Muno publiziert Romane, Erzählungen, Kindergeschichten, Comics, Hörspiele und Theaterstücke, vor allem in luxemburgischer, aber auch in englischer, französischer und deutscher Sprache. Darin thematisiert sie insbesondere die Kindheit und Jugend, manchmal auch das hohe Alter und damit Lebensphasen, in denen der Mensch aufgrund seines Alters als marginalisiert erscheint. Dies umso mehr in einer luxemburgischen Gesellschaft, die Muno, durchaus mit Humor, als besonders normativ zeichnet und in der die Tendenz zum Mittelmaß dazu führt, dass man sich zurückzieht. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf den komplexen Beziehungen in der Familie, den Konditionierungsmechanismen auf privater Ebene, von den brutalsten bis hin zu den kaum wahrnehmbaren. Ihre Figuren sind unsicher, introvertiert und werden von Fragen bezüglich der sexuellen Orientierung und des Genders umgetrieben. Sie sind in ihrer Entwicklung gehemmt und verspüren eine Entfremdung ihrer Umwelt gegenüber. Aus einer distanzschaffenden Perspektive und in einem originellen, bildreichen Schreibstil entstehen in deren Bewusstseinsstrom Parallelwelten, die mit fantastischen, spielerischen und märchenhaften Elementen gespickt sind. Oftmals verleihen tragisch-ironische und absurde Momente den Erzählungen einen melancholischen Ton.

Muno debütierte 1994 als Vierzehnjährige mit der Kurzgeschichte Nilpferd in der Frauenzeitschrift Prima. In ihrem siebzehnten Lebensjahr erschien ihr erstes Buch, The Moon of the Big Winds (1996), ein Entwicklungsroman, der den Grundstein für ihr späteres Interesse an Fremdheit, Differenz, Wahrnehmung, dem Verstehen des Anderen und dem zumeist unmöglichen Streben nach Freiheit legte. Diese Aspekte, die in ihren Romanen Träume, aus denen man zu spät erwacht (1997), 21 (1999), de fleeschkinnek (2002), frigo (2003), Koma (2005) und Moundkälwer (2007) verhandelt werden, finden sich in verschiedenen Zuständen oder Situationen wieder, wie etwa in der Trauer, der Verliebtheit, der selbstvergessenen Hingabe, der sozialen Ungleichheit, der Materialität des Alltags, der Erziehung durch Ersatzeltern oder auch im Traum von einem anderen Leben und in der Konfrontation mit Rollenzuschreibungen innerhalb eines Mikrokosmos. Ohne sich von diesen grundlegenden Fragen zu lösen, markierte die Familiengeschichte Komm net kräischen (2015) durch deren Ansiedlung in den achtziger Jahren und deren ästhetische und kulturelle Besonderheiten, die aus dem Blickwinkel einer Jugendlichen beschrieben werden, einen Wendepunkt. Der Akzent liegt hier auf dem depressiven Zustand, der Belastung aufgrund von sozialen Unterschieden, die durch die Fantasie nicht mehr gemindert werden können, und den in unerfüllten Sehnsüchten gefangenen Figuren. In sou wéi et net war (2019) erzählt Muno anhand des Schicksals dreier Brüder von der Konfrontation zwischen der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Homosexualität sowie von verhaltensauffälligem Handeln und idealtypischen Vorstellungen des Zusammenlebens einerseits, der sich zwischen den Polen der Selbsterfahrung und der Verantwortung für andere bewegenden individuellen Lebensgestaltung andererseits. Dëst ass net däi Liewen (2022) wiederum spielt mit der geschlechtsspezifischen Uneindeutigkeit des Vornamens der weiblichen Hauptfigur und ihrem jungenhaften Auftreten, um das Verhältnis zu Körper und Identität im weitesten Sinne zu behandeln. Obwohl sich die Protagonistin einer möglichen nicht-binären Identität öffnet, genügt dies nicht, um sie von ihren Komplexen und Zweifeln zu befreien. Sie steckt in einer Sackgasse und scheint unfähig, ihren Willen zu formulieren, außer vielleicht im Verschwinden.

Bei manchen Projekten verknüpft Muno das Schreiben mit grafischer Gestaltung. So zum Beispiel bei d’welt geet ënner, nils poulet (2006), einem Comic, der die Schwierigkeiten des Schreibprozesses thematisiert, aber auch als Parodie auf das Dasein als Schriftsteller gelesen werden kann. Sie fertigte Zeichnungen für den Dokumentarfilm E Futtballspill am Schnéi an, der 2014 dem Schriftsteller Roger Manderscheid gewidmet wurde. 2022 erfand die Autorin die Figur Polly Morbid in Text und Bild, eine Senioren-Superheldin, deren Abenteuer in mehreren Episoden in der Wochenzeitung woxx erzählt wurden. Mit zärtlichem Blick und schwarzem Humor nimmt sie sich darin des Bildes an, das älteren Menschen anhaftet, und insbesondere der Rolle, die ihnen während der Covid-19-Pandemie zugeschrieben wurde.

Die beiden von ihr selbst illustrierten Kurzprosatexte Dat klengt Buch vun der Doudangscht (2009) und La Mamouthe (2011) porträtieren vollkommen abseitige Figuren in einer wahnwitzigen Welt. Die Themen Bigotterie, arrangierte Ehe, Fortpflanzung im Zeichen von Determinismus und Ausbeutung durch Arbeit werden darin auf satirische Weise und mit den Erzählmechanismen des Märchens behandelt. Die Hässlichkeit, vor allem der monströsen weiblichen Figuren, lässt jegliche Wahl und individuelle Sehnsüchte unmöglich erscheinen.

Gemeinsam mit der Illustratorin Pascale Juncker veröffentlichte Muno mehrere Kinderbücher: Dem Zoe séng Geschichten (1998), D’Zoe, Draachen a Siweschléifer (1999) und De Bier, deen eng Méck verschléckt hat (2013). In diesen Geschichten wird das Gespenst des Konformismus mal durch guten Willen, mal durch das Ungeschick von Kindern und anthropomorphisierten Tieren, die vor Kreativität strotzen, abgewehrt.

2019 schrieb Muno ein Hörstück mit dem Titel Wou ginn Elteren nuets hinn?: Nachdem ein Mädchen nachts aufgewacht ist und festgestellt hat, dass die Eltern unerwarteterweise nicht da sind, ist es mit der Angst vor Einsamkeit, Orientierungsverlust und, in deren Folge, mit der Möglichkeit des Todes konfrontiert. Eine lehrreiche Reise durch die Nacht erlaubt ihr zu verstehen, dass auch die Erwachsenen Ängsten und Zwängen ausgesetzt sind.

Als Theaterautorin schrieb Claudine Muno darüber hinaus das Stück Speck (2003), das von den Träumen und der Desillusionierung eines Mädchens und ihrer Familie in einem Land erzählt, in dem der Fleischkonsum untersagt wurde. In Krakullen (2005) zeigt das kollektive Konsumieren einer mysteriösen Substanz, die Träume wahr werden lassen soll, aber unerwünschte Nebenwirkungen hat, die Spannung zwischen Lethargie und Widerstand auf. Repeat (2005) inszeniert drei Paare mit kriselnden Beziehungen in einem Café. MammOmmaM (2021) beschäftigt sich hingegen mit Mutter-Tochter-Beziehungen und der gesellschaftlichen Rolle der Frau in den letzten Jahrzehnten. Das Palindrom im Titel lässt die ewige Wiederkehr der im Stück dargestellten Konstellationen durchscheinen. 2016 nahm die Autorin an dem Kollektivprojekt Furcht und Wohlstand des Luxemburger Landes teil, einer Koproduktion des CNL, der Editions Hydre und des Kasemattentheaters. Die im Rahmen des Projekts entstandenen Texte wurden 2015 unter dem Titel Migrant veröffentlicht.

Muno veröffentlichte Artikel, literarische Texte und Gedichte in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften (Luxemburger Wort, woxx, Télécran, Ons Stad, forum, Les Cahiers luxembourgeois und Galerie) sowie in Anthologien und Sammelwerken wie Fabula Rasa (2013), Le Goût du Luxembourg (2018), Fresh from the Fountain (2018), Eng Rees am Krees (2019) oder Drësseg Rieden (2022).

Das erste Kapitel von Komm net kräischen erschien 2018 in der spanischen Übersetzung von Victoria Carande in der Zeitschrift abril, während ein Auszug des Romans frigo von Samuel Hamen und Friederike Mayer-Lindenberg 2019 für die österreichische Zeitschrift Podium auf Deutsch übersetzt wurde.

Zwischen 2011 und 2016 organisierte die Autorin mit Francis Kirps und Christian Happ Lesungen im Café Rocas in der Stadt Luxemburg, zu denen luxemburgische und ausländische Autoren eingeladen wurden. 2017 wurde der feste Veranstaltungsort zugunsten von Wanderlesungen aufgegeben.

Seit den 1990er Jahren ist Claudine Muno außerdem Songwriterin, Komponistin und Interpretin. Ihre intimen, verträumt-skurrilen Texte und Kompositionen bewegen sich zwischen Folk, Pop-Rock, Chanson und Elektro. Nach ihrem ersten Solo-Album Fish out of Water (1998) trat sie der Musikgruppe Fourmis bei (2002-2004) und gründete die Band Soma (1999-2001). 2004 ist das Gründungsjahr von Claudine Muno and The Luna Boots (bestehend aus Sandra Cifani, Matt Dawson, Thierry Kirsch, Claude Schaus, John Schlammes und Maxime Bender), mit der sie fünf Alben herausbrachte: faith + death + love (2004), Monsters (2006), Petites chansons méchantes (2007), Noctambul (2010) und die Kompilation Carmagnoles (2011). 2010 tat sie sich mit Philippe Schirrer ("Chook") und Jorsch Kass zusammen, um unter dem Bandnamen Monophona drei Alben herauszubringen: The Spy (2012), Black on Black (2015) und Girls on Bikes, Boys Who Sing (2017). In Begleitung von John Schlammes, Paul Fox und Jamie Reinert produzierte sie außerdem unter dem Namen Crinan Wood (2014-2018) und gab punktuell Solo-Konzerte. 2020 gab sie das Album Are you still listening? heraus und schrieb im gleichen Jahr den Song Verstees de mech? für die gemeinnützige Vereinigung Blëtz, die Betroffene nach einem Schlaganfall unterstützt. Darin teilte sie ihre Erfahrungen mit den Folgen des Anfalls, den ihre Mutter 2017 erlitt, insbesondere die tiefgreifenden Veränderungen durch die Aphasie.

2004 erhielt Claudine Muno den Prix Servais für ihren Roman frigo und ist bis heute die jüngste Preisträgerin. 2005 wurde sie mit dem IKB-Jugendpreis ausgezeichnet. Dreimal wurde ihr der Lëtzebuerger Buchpräis verliehen: 2010 für Dat klengt Buch vun der Doudangscht, 2016 für Komm net kräischen und 2023 für Dëst ass net däi Liewen. Der Text Dëst ass net däi Liewen wurde 2021 mit dem ersten Preis des Concours littéraire national gewürdigt. Außerdem war Muno im Jahr 2018 Teilnehmerin der Autorenresidenz der Walfer Bicherdeeg.

Claudine Muno war Mitglied des LSV bis zu dessen Auflösung im Jahr 2016. Sie ist Gründungs- und Verwaltungsratmitglied der 2020 gegründeten Schriftstellervereinigung A:LL Schrëftsteller*innen.

Dieser Artikel wurde verfasst von Claude D. Conter und Ludivine Jehin

Veröffentlichungen

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    Cahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des arts
    Verwendete Namen
    Claudine Muno
  • Titel der Zeitschriften
    forum. fir kritesch Informatioun iwer Politik, Kultur a Relioun
    Verwendete Namen
    Claudine Muno
  • Titel der Zeitschriften
    Galerie. Revue culturelle et pédagogique
    Verwendete Namen
    Claudine Muno
  • Titel der Zeitschriften
    Luxemburger Wort / d'Wort / LW
    Verwendete Namen
    Claudine Muno
    C. Muno
  • Titel der Zeitschriften
    Ons Stad. éd. par l'administration communale de la Ville de Luxembourg
    Verwendete Namen
    Claudine Muno
  • Titel der Zeitschriften
    Prima
    Verwendete Namen
    Claudine Muno
  • Titel der Zeitschriften
    Télécran. das Luxemburger Magazin
    Verwendete Namen
    Claudine Muno
  • Titel der Zeitschriften
    woxx (Grénge Spoun). déi aner Wochenzeitung = l’autre hebdomadaire
    Verwendete Namen
    Claudine Muno

Sekundärliteratur

Auszeichnungen

Mitgliedschaft

  • A:LL Schrëftsteller*innen
  • Cabarenert
  • LSV - Lëtzebuerger Schrëftstellerverband [1986-2016]
  • MASKéNADA

Archiv

  • CNL L-0215
Zitiernachweis:
Conter, Claude D./Jehin, Ludivine: Claudine Muno. Unter: , aktualisiert am 06.03.2024, zuletzt eingesehen am .