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Foto: Edmond de la Fontaine


Foto:
© Collection Veiner Geschichtsfrënn

Edmond de la Fontaine

Dicks ; Lucien-Irvin-Edmond de la Fontaine
Luxemburg Vianden

Pseudonyme: E. Dicks ; Ed. d. F. ; Een deen all Zeidunge liest ; Een dee vill Deel um Wuurt helt ; Eeren Abonnent vu langer Zeit

Edmond de la Fontaine ist der Sohn des Gouverneurs und späteren Regierungspräsidenten Gaspard Théodore Ignace de la Fontaine und der Vater von Adrien de la Fontaine. Er besuchte die Primärschule und das Athenäum in Luxemburg-Stadt; zuhause erhielt er Musikunterricht, er lernte Klavier und Geige und hatte eine schöne Stimme. Nach dem Abitur 1844 studierte er von 1844 bis 1846 Jura an der Universität Lüttich und von 1846 bis 1847 an der Universität Heidelberg. 1850 nahm er seine Arbeit als Rechtsanwalt in der Kanzlei seines Bruders Léon auf. 1852 wurde er zum zweiten Ergänzungsrichter und 1854 zum ersten Ergänzungsrichter am Friedensgericht in Luxemburg ernannt. Nachdem seine Kandidatur für den Posten des Richters am Bezirksgericht Luxemburg ohne Erfolg geblieben war, trat er 1857 als Sekretär und Bürovorsteher in die Dienste der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahngesellschaft. 1858 zog er an die Mosel, wo er in Remich eine Fabrik erwarb und dort eine Weberei einrichtete. Nach vielversprechenden Anfängen begann ab Mitte der 1860er Jahre infolge einer Wirtschaftskrise der Niedergang der Webfabrik, so dass diese 1873 in Remich versteigert wurde. In Stadtbredimus heiratete er am 19. Dezember 1858 seine Cousine Elise Dutreux, die nach dem frühen Tod ihres Vaters im Hause de la Fontaine aufgewachsen war. 1863 erbte das Ehepaar de la Fontaine-Dutreux von beider Tante das Schloss von Stadtbredimus, in dem es zwischen 1866 und 1880 lebte. Ende 1866 wurde Edmond de la Fontaine zum Bürgermeister von Stadtbredimus gewählt, trat aber bereits 1870 wegen Streitigkeiten im Gemeinderat von diesem Posten zurück und lebte dort weiter als Rentier und freier Schriftsteller. Infolge seiner finanziellen Probleme erwarb seine Schwester Eugénie Collart-de la Fontaine 1874 das Schloss. Ende 1880 nahm er die Stelle des Friedensrichters von Vianden an, wo er von 1881 bis zu seinem Tod 1891 lebte.

Das literarische Debüt von Edmond de la Fontaine fällt in das Revolutionsjahr 1848, in dem er in der neugegründeten Zeitung Der Volksfreund mit einer Reihe anonymer Beiträge die Progressiv-Liberalen, politische Gegner seines Vaters, angriff. Am bekanntesten ist das am 5. November 1848 im Volksfreund veröffentlichte und kurz darauf auch als Flugblatt erschienene Spottgedicht D'Vulleparlament am Grengewald, das auf die Melodie des Volksliedes D'Vullenhochzeit gesungen wurde. In dieser politischen Satire verspottete Edmond de la Fontaine Abgeordnete des Luxemburger Parlaments, die in Opposition zur konservativ-liberalen Regierung seines Vaters standen und sorgte mit seinem frechen Ton und der Bloßstellung derer Schwächen für Furore. Edmond de la Fontaine trat in diesem Lied als Gegner der progressiv-liberalen und volksnahen Abgeordneten auf, Abgeordnete, die aufgrund des 1848 neu eingeführten Wahlrechts zum ersten Mal im Parlament vertreten waren und die nicht zum Bildungs- und Besitzbürgertum gehörten. Des Weiteren zeigte er im Vulleparlament seine Missachtung für das parlamentarische und demokratische System an sich.

In die Literaturgeschichte eingegangen ist Edmond de la Fontaine oder Dicks, wie er sich selbst als Künstler bezeichnete, als Begründer des luxemburgischen Theaters. Das Pseudonym Dicks stammte wahrscheinlich von einem deutschen Offizier, der den kleinen rundlichen Edmond so bezeichnete. Die Erstaufführung des Scholtschéin 1855 im Cercle-Gebäude auf der Place d'Armes in Luxemburg war ein überwältigender Erfolg und wird als die Geburtsstunde des luxemburgischen Theaters angesehen. Es war die 1849 gegründete Société de gymnastique, kurz Gym oder Turn genannt, die das Theaterstück unter der Regie von Nicolas Martha und Michel Lentz aufführte. Danach ließ Dicks weitere Stücke wie De Koséng oder Schwârz oder Blont, D’Kirmesgèscht und De Ramplassang folgen, die von Mitgliedern dieser Truppe zu wohltätigen Zwecken aufgeführt wurden. Es handelte sich bei diesen Komödien meist um einaktige Singspiele, bei denen Dicks sowohl für den Text als auch für die Musik verantwortlich war. Manche seiner Melodien, wie etwa Et wor emol e Kanoněer oder 'T si fill schě' Rǒsen an der Stât werden bis heute wie Volkslieder gesungen. Das bekannteste Stück, D'Mumm Sěs, 1855 uraufgeführt, wurde von Dicks unter dem Titel Mutter Suse ins Deutsche übersetzt.

In Dicks‘ Singspielen geht es meist um junge Liebende, deren Glück durch Intrigen verhindert werden soll, deren Ehe schlussendlich doch zustande kommt. Neben dem ungekünstelten Gebrauch des Luxemburgischen tragen die natürliche Charakterzeichnung der Figuren, die geistreichen Dialoge und Bonmots sowie die gefälligen Melodien zum großen Erfolg bei. Dicks‘ Komödien zeichnen sich vor allem durch die sprachkreative Kraft aus, mit der er die luxemburgische Sprache handhabte. Er war einer der ersten, der das Luxemburgische auch schriftlich benutzte und erkannte damit der Sprache eine identitätsbildende Funktion zu.

Daneben verfasste Edmond de la Fontaine Gedichte in luxemburgischer, deutscher und französischer Sprache, von denen die meisten posthum in der Sammlung Allerhant veröffentlicht wurden; einige liegen aber nur im Manuskript vor. Neben dem politisch-satirischen Vulleparlament schrieb er auch scharfe antiklerikale Gedichte wie Rororo, Der Deiwel an der Zutan, Les nonnes und De Pâfesâck. Er verfasste auch sozialkritische Gedichte sowie Natur- und Stimmungslyrik. De Wellefchen an de Fîschen wurde lange Zeit seinem Jugendwerk zugeordnet, obgleich es auf einer Vorlage von Antoine Meyer aus dem Jahr 1854 aufbaut.

Edmond de la Fontaine war Zeit seines Lebens ebenfalls als Sprach- und Kulturwissenschaftler tätig. Sein Nachlass enthält u.a. die Manuskripte eines Reimwörterbuchs und eines umfassenden Luxemburgischen Wörterbuchs. In dem 1855 veröffentlichten Versuch über die Orthographie der luxemburger deutschen Mundart entwarf er neue Rechtschreibregeln des Luxemburgischen, die sich von der 1845 von Antoine Meyer und Heinrich Gloden aufgestellten Orthografie absetzten. Mit seinen Vorschlägen stieß Edmond de la Fontaine eine bis heute anhaltenden Debatte über die Rechtschreibung des Luxemburgischen an. Die sprachwissenschaftliche Beschäftigung mit dem Luxemburgischen steht im Kontext des nationalen, z. T. romantisch gefärbten und von den Brüdern Grimm beeinflussten allgemein europäischen Diskurses über den Zusammenhang von Sprache und Nation.

Desgleichen hat sich Edmond de la Fontaine Verdienste auf dem Gebiet der Volkskunde erworben mit der Herausgabe von Luxemburger Sprichwörtern, Kinderreimen, Sagen und Legenden, Sitten und Bräuchen. 1877 veranlasste er laut eigenen Aussagen im Luxemburger Schulboten einen Aufruf an die Grundschullehrer, die heimatlichen Volkssagen, Sitten und Bräuche zu sammeln und sie an das Institut Grand-Ducal weiterzuleiten. Da Nicolas Gredt, ebenfalls Mitglied des Institut Grand-Ducal, zeitgleich mit Edmond de la Fontaine an seinem Sagenschatz des Luxemburger Landes arbeitete, benutzte dieser das Quellenmaterial und weigerte sich, es an de la Fontaine weiterzugeben. So ist das 1882 von Edmond de la Fontaine veröffentlichte Werk Luxemburger Sagen und Legenden weit weniger umfangreich als Gredts Sagenschatz. 1883 erschien im Luxemburger Land mit der Unterschrift "Dr. John aus London" eine Reihe polemischer Artikel, in denen der Sagensammler Edmond de la Fontaine angegriffen wurde. Hinter dem Decknamen könnten sich entweder Nicolas Gredt oder, viel wahrscheinlicher, Jean Nicolas Moes verstecken.

Edmond de la Fontaine veröffentlichte ebenfalls Werke, die sich mit seiner lokalen Umgebung sowie mit Geschichts- und Altertumsforschung in Luxemburg beschäftigen wie Broschüren über die Weberei, über Weinberge und Katasterrevision, über Flussschiffahrt sowie über Stadtbredimus und Vianden. Desgleichen sammelte er meteorologische Daten. Sein Sohn Adrien publizierte 1906 das Buch La Moselle luxembourgeoise, ou Remich et ses environs, an dem Théodore, Edmond und Adrien de la Fontaine, also drei Generationen der Familie, Vorarbeit geleistet hatten.

Nach Edmond de la Fontaines Tod wurden einige seiner Gedichte von Laurent Menager vertont und von Gustav Kahnt, Alfred Kowalsky und Jean-Pierre Schmit arrangiert, z. B. Dicksiana. Potpourri über Dicks'sche Lieder. Die als Fragment erhaltene Komödie De Schǒster Bǒbǒ erschien 1894 in einer Bearbeitung von N.S. Pierret und in der Vertonung von Gustav Kahnt. 1973 taucht Dicks im Stück Den Hexemeeschter von Jos Berrens als literarische Figur auf. Norbert Weber hat 1974 mit Dicksereien eine Collage aus Figuren und Szenen aus Dicks-Lustspielen zusammengestellt. D’Mumm Sěs bildete die Vorlage für den 1989 von Paul Scheuer, Maisy Hausemer und Georges Fautsch gedrehten Film Mumm Sweet Mumm. 2009 brachte Claude Mangen, in Koproduktion mit dem CNL und dem Mierscher Kulturhaus anlässlich der Dicks-Ausstellung, die von ihm und seiner Theatertruppe zusammengestellte Textcollage Schold & Schäin zum Leben und Werk von Edmond de la Fontaine auf die Bühne, in der biografische, musikalische und literarische "Textscherben" von Dicks, gespielt von Frédéric Frenay, ineinander verwoben wurden.

Dieser Artikel wurde verfasst von Roger Muller und Josiane Weber

Veröffentlichungen

Sonstige Mitarbeit

Übersetzungen

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    Luxemburger Land (Das). Organ für vaterländische Geschichte, Kunst und Literatur
    Verwendete Namen
    Ed. d. F.
    Edmond de la Fontaine
  • Titel der Zeitschriften
    Luxemburger Land in Wort und Bild (Das). Illustrierte Wochenschrift für inländische Geschichte, Altertumskunde, [...]
    Verwendete Namen
    Edmond de la Fontaine
  • Titel der Zeitschriften
    Quotidienne Luxembourgeoise (La)
    Verwendete Namen
    Edmond de la Fontaine
  • Titel der Zeitschriften
    Volksfreund (Der) I. Freiheit, Gesetzlichkeit, öffentliche Ordnung
    Verwendete Namen
    Edmond de la Fontaine
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    Een deen all Zeidunge liest

Sekundärliteratur

Mitgliedschaft

  • Gym
  • Société archéologique (Luxembourg) = Société Royale Grand-Ducale pour la recherche et la conservation des monuments historiques dans le Grand-Duché de Luxembourg

Archiv

  • CNL L-0051
  • ANLux FD 052, FD 138
  • BnL Ms 331, 334, 380, 383, 403, 407
Zitiernachweis:
Muller, Roger/Weber, Josiane: Edmond de la Fontaine. Unter: , aktualisiert am 15.03.2024, zuletzt eingesehen am .