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© Claude Schmit

Claude Schmit

Wiltz

Claude Schmit ist der Neffe von Lex Roth. Nach dem Besuch der Grundschule in Düdelingen (1953-1959) und des Athenäums in Luxemburg (1959-1967) studierte Claude Schmit Philosophie in Luxemburg (1967-1968), in Heidelberg (1968-1971) und in Nancy (1971-1972). Anschließend studierte er Ökologie (1979-1980 DESS d’écologie appliquée) in Metz. Bis zu seiner Pensionierung 2008 unterrichtete Claude Schmit Philosophie und Französisch am Athenäum. Seit 2006 moderiert er als freier Mitarbeiter im Radio 100,7 die Philosophie-Sendung Usiichten.

Claude Schmit ist im Theaterbereich tätig. Er belegte Stimm- und Sprechtraining sowie Theaterkurse am Konservatorium Luxemburg, die er mit dem 1er prix und dem prix de capacité en diction française et art dramatique abschloss. Von 1981 bis 2006 war er als Schauspieler und Regisseur am Kapuzinertheater und am Théâtre ouvert Luxembourg TOL tätig. Als Schauspieler stand er z.B. 1988 in Tel quel auf der Bühne des TOL. Unter seiner Regie entstanden u.a. die Aufführungen Les Liaisons dangereuses von Choderlos de Laclos (TOL 1997), Étoiles rouges von Pierre Bourgeade (Kapuzinertheater 1998), Les Dernières Lunes von Furio Bordon (TOL 2001) oder Immanuel Kant von Thomas Bernhard (Centre culturel de rencontre Abbaye de Neumünster 2005). Zwischen 1987 und 1995 leitete er außerdem die Jeunesses théâtrales in Luxemburg, die Theateraufführungen und Workshops für Jugendliche organisierte, und deren Arbeit er im Sammelband 150 Jahre Theater in Luxemburg (1989) vorstellte.

Claude Schmit ist auch Theaterautor. Er adaptierte Albert Camus' L’Étranger für die Bühne, die Uraufführung fand 1987 im Kapuzinertheater statt. Den Monolog Madame Guillotin von Pierrette Dupoyet adaptierte er für 3 Schauspieler und inszenierte ihn 2001 im TOL. Schmit übersetzte auch George Isherwoods Stück Shakespeare's Greatest Hits ins Französische, es wurde 2002 unter dem Titel Shakespeariades, ebenfalls im TOL, aufgeführt.

Nach seiner Pensionierung widmet sich Claude Schmit anderen literarischen Formen: Er ist der Autor von Romanen mit philosophischem Hintergrund in französischer Sprache. La Tristesse du hibou (2012) ist ein Kriminalroman, in dem die Polizei einer international agierenden Philosophen-Gruppe auf der Spur ist, die nach dem Tod ihres Gurus Anschläge und Morde durch ganz Europa verübt. Die Mitglieder liefern der Polizei in einer Art Schnitzeljagd anhand von philosophischen Rätseln Hinweise auf die nächsten Tatorte. Wirklichkeit und Traum vermischen sich, Gespräche mit verstorbenen Philosophen treiben die Untersuchung voran. Der Text wurde 2010 beim Concours littéraire national ausgezeichnet.

In Elle dit seulement : viens ! (2013) begleitet der Leser einen Mann auf der spurenreichen Suche nach seiner verschwundenen Frau. Auch hier steht eine geheime Gruppe im Mittelpunkt, deren Mitglieder mit verschiedenen Guerilla-Aktionen den Sinn des Lebens und des Sterbens hinterfragen. Dabei wird der Protagonist in düstere Machenschaften verwickelt.

Émile, un enfant des Lumières (2014) ist ein historischer Entwicklungsroman, in dem ein vermeintlicher Sohn von Jean-Jacques Rousseau auf den wirklichen und gedanklichen Spuren seines Vaters quer durch das Europa vor der französischen Revolution reist, geprägt von Personen und philosophischen Strömungen seiner Zeit. Der Roman wurde 2014 beim Concours littéraire national ausgezeichnet.

Im Roman Reynaert au pays des merveilles (2018) kommt der Protagonist, ein nach schwerer Operation genesender älterer Mann, zu einer Kur nach Kolbak, oder richtiger Colpach, Residenz von Émile und Aline Mayrisch, das teilweise an Thomas Manns Zauberberg erinnert. Von dort zieht er meist in Menschengestalt, teils als Fuchs, ein Verweis auf Michel Rodanges Renert, durch ein sich im Umbruch befindendes Luxemburg. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht das Land vor einer massiven Einwanderungs- und Flüchtlingswelle, stellt sich Fragen zu seiner Identität und Sprache und sucht Wege, wie mit diesen Veränderungen umzugehen sei. Die Reaktionen in der Bevölkerung fallen unterschiedlich aus, von absoluter Offenheit und dem Aufnehmen der Neuankömmlinge in Familien bis zur Abschottung und gewaltsamer Verteidigung der heimatlichen Werte, was zu innerfamiliären und gesellschaftlichen Spannungen führt.

Der Roman Kinderland (2017) folgt dem Pariser Sprachlehrer Claudius Leibfried auf der Suche nach seiner unbekannten Verwandtschaft und seiner eigenen Identität. Nach und nach schält sich aus zwei Koffern mit Aufzeichnungen seines aus Luxemburg stammenden, kurz nach dem Krieg verstorbenen Vaters heraus, dass dieser, in den 1920er bis 1930er Jahren, u.a. fasziniert durch die Ideen zur "deutschen Revolution" des Philosophen Bruyhers, der in manchen Zügen an Martin Heidegger erinnert, nach Deutschland gegangen war. Später hatte der Vater als Arzt im Lebensborn-Projekt der Nazis eine leitende Funktion inne. Ein Halbbruder von Claudius möchte am Anfang des 21. Jhs. als Genetiker mit seiner Samenspenderbank die Menschen "optimieren" und tritt so in die Fußstapfen des Vaters. Es handelt sich beim Text um eine Reflexion zum genetischen Transhumanismus.

In À la recherche du rien perdu (2018), dessen Titel sich an Marcel Prousts Werk À la recherche du temps perdu anlehnt, wirft ein Gemeindebibliothekar als namenloser Ich-Erzähler einen kritischen Blick auf die aktuelle Welt. Inspiriert durch die Lektüre von Denkern wie Dostojewski, Cioran, Schopenhauer und Nietzsche hat er zwischen den Regalreihen der Bibliothek nächtliche Unterredungen mit Schriftstellern und Philosophen, die aus ihren Büchern heraussteigen. Bei seiner Suche nach dem titelgebenden "verlorenen Nichts" stellt er alles in Frage. Seine Einstellung überträgt er auch auf jugendliche und erwachsene Besucher seiner Bibliothek, die, teils angestiftet durch die von ihm empfohlenen subversiven Bücher und durch die Diskussionen in Lesegruppen, dazu gebracht werden, ihrem bisherigen Leben durch Verschwinden, Selbstmord oder Attentaten ein Ende zu setzen.

In Parfum de chasteté (2019) begibt sich ein anfänglich antiklerikaler Pariser Journalist auf die Suche nach seinem Glauben und dem Sinn des Lebens. Hierbei verändert er sein Leben grundsätzlich, er sucht Keuschheit und Askese, entdeckt aber auch das zwiespältige Verhältnis einzelner Katholiken zur Sexualität. Der Protagonist, ebenso wie zuvor der Autor, pilgert nach Santiago de Compostela. Die Handlung, die von zahlreichen mittelalterlichen Elementen geprägt ist, spielt sich teilweise im Innern der Notre-Dame Kathedrale in Paris ab. Sie verwebt zwei Handlungsstränge, einen aus dem 21. Jahrhundert, und einen, der die Lebensgeschichte von Astrolabe, dem Sohn von Héloïse und Abélard nacherzählt. Der Titel ist ein Zitat zur Figur Esmeralda aus Victor Hugos Roman Notre-Dame de Paris.

Der Roman Les Fleurs du Mâle (2021) thematisiert das traditionnelle, starke und klar definierte Männerbild, das im westlichen 21. Jahrhundert an Kraft verliert. Ein Polizist kann sich nicht damit abfinden, dass sein Sohn eine Geschlechtsumwandlung vornimmt und als Trans-Sängerin Karriere macht. Verschiedene seiner männlichen Kollegen folgen anderen Wege auf iher Suche nach einem Vorbild und Lebenssinn. Der Titel spielt eher auf einen floralen Männerduft von Jean-Paul Gaultier als auf den Gedichtband von Charles Baudelaire an.

Im Mittelpunkt des historischen Romans Yeshuah (2023) steht die unter dem Namen Jesus bekannte Person. Im Gegensatz zu der Geschichte, die die Bibel vermittelt, ist Yeshuah nicht auf dem Kreuz gestorben, sondern wurde von Freunden gerettet und versteckt. Nach der Heilung seiner Wunden geht er nach Rom ins Exil. Dort entdeckt Yeshuah eine Welt, die sich sehr von seiner Heimat unterscheidet. Die Großstadt Rom, geprägt von heidnischem Polytheismus, Freiheit, Freizügigkeit und Lebensfreude steht im starken Kontrast zum jüdischen Monotheismus und seiner asketischen Strenge und den zahlreichen Verboten im Diesseits. Yeshuah zweifelt an sich selbst und an den Ideen, die er zuvor in Galiläa predigte. Er sieht keinen gemeinsamen Nenner mehr mit den Ideen seiner früheren Anhänger, die seine Auferstehung bekanntgeben und deren Bewegung sich bis nach Rom ausbreitet.

Dieser Artikel wurde verfasst von Nicole Sahl

Veröffentlichungen

Sekundärliteratur

Auszeichnungen

Zitiernachweis:
Sahl, Nicole: Claude Schmit. Unter: , aktualisiert am 16.02.2024, zuletzt eingesehen am .