Raoul Precht
Raoul Precht wuchs zweisprachig deutsch/italienisch in Rom auf, wo er bis 1980 die Grundschule und das Gymnasium der Deutschen Schule besuchte. Er studierte anschließend Germanistik und Hispanistik an den Universitäten in Rom (1980-1984) und Madrid (1985). In seiner Diplomarbeit in vergleichender Literaturwissenschaft Nel nome del padre (1984) untersuchte er Vater-Sohn Konflikte in Werken von Pedro Calderón de la Barca, Hugo von Hofmannsthal und Pier Paolo Pasolini. Raoul Precht unterrichtete deutsche Sprache und Literatur an einem Gymnasium in Rom und zog 1990 nach Luxemburg. Seither arbeitet er beim Europaparlament: bis 2004 war er Übersetzer ins Italienische und Korrektor, bis 2010 Abteilungsleiter der italienischen Übersetzer, seither ist er Direktor des Logistikbereichs.
Raoul Prechts Werk umfasst Übersetzungen ins Italienische, literaturwissenschaftliche Studien und Rezensionen, aber auch Romane, Gedichtbände und Essays. Seine Texte gehen oft von literarischen Zitaten in der jeweiligen Originalsprache aus und sind gespickt mit mythologischen, historischen und literarischen Elementen.
Raoul Precht übersetzt ins Italienische, sowohl aus dem Deutschen, etwa Texte von Friedrich Schiller oder Peter Handke, als auch aus dem Spanischen, Texte von Francisco de Quevedo, Pedro Calderón de la Barca oder Federico García Lorca. 1981 übertrug er für die Theatertruppe Adriana Martino in Rom Frank Wedekinds Stücke Der Kammersänger und Totentanz unter den Titeln Il cantante di corte und Danza macabra; sie blieben unveröffentlicht. Oft ergänzt Raoul Precht seine literarischen Übersetzungen mit längeren Erläuterungen. Kafka e il digiunatore (2014) enthält eine Neu-Übersetzung von Franz Kafkas Erzählung Ein Hungerkünstler, begleitet von einem Essay über den Autor, sein Leben, seine Kunst und seine Krankheit sowie über Hungerkünstler, eine der Attraktionen im Zirkus und auf Jahrmärkten um die Wende vom 19. zum 20. Jh. Carl Sternheims Erzählung Schuhlin (2015) erscheint zusammen mit Prechts essayistisch-biografischen Text Ventuno variazioni su un tema di Sternheim und Fotos von Peter Dimpflmeier. Sulle rovine d’Europa (2024) ist eine Anthologie mit Gedichten deutscher und französischer Autoren, die zumeist an den Kriegshandlungen des Ersten Weltkriegs teilgenommen haben, Prechts Übersetzung ins Italienische wird den Originaltexten gegenübergestellt.
Raoul Precht beginnt seine Tätigkeit als Romanautor mit der Trilogie Cacciatori di innocenza (2002), Il salto (2003) und Senza tracce, muto, come affonda una nave (2008). Hier fließen psychologische Analysen und historische Recherchen in die Ermittlungen des zwielichtigen Detektivs Steve ein. Der Roman mit autobiografischen Zügen Castelporziano begleitet 1979 einen jungen angehenden Übersetzer zum internationalen Poetenfestival, einer Art Dichter-Woodstock, organisiert im gleichnamigen Strandort in der Nähe Roms. Hier ist er für die Betreuung der deutschen Delegation, Erich Fried, Gerald Bisinger, Johannes Schenke und Volker von Törn, zuständig. Der Text erschien 2019 als E-Book und 2024 in Buchform unter dem Titel Il mare dei poeti. In der Biografie in Romanform Stefan Zweig. L'anno in cui tutto cambiò (2022) beschreibt Raoul Precht den Einschnitt im Leben des Autors, der 1935, nach dem Aus seiner Ehe und Schwierigkeiten mit dem aufkommenden Faschismus in Österreich, ins Exil geht. Im Text werden dauernd Parallelen gezogen zwischen dieser persönlichen Zäsur und den Umbrüchen der europäischen Politik dieser Zeit. Der Roman Quintetto romano (2023) setzt sich aus fünf Kurzgeschichten zusammen, in deren Mittelpunkt die Stadt Rom steht. Diese wird beschrieben aus den Blickwinkeln von Stendhal, Nikolaj Gogol, Romain Rolland, Malcolm Lowry und John Cheever. Die fiktionalen Texte, welche den Stil der verschiedenen Autoren nachahmen, schildern Aufenthalte zwischen 1823 und 1956.
Raoul Precht veröffentlicht auch Gedichtbände: Vaga favilla (2004) und Taccuino di viaggio dell’ofiuco (2010), welcher Reiseimpressionen aus aller Welt liefert. Letzterer wurde 2012 als I viaggi dell'ofiuco in einer szenischen Lesung im Teatro Testaccio in Rom auf die Bühne gebracht. Der dritte Band A capo della congiura, il tempo (2015) liefert Überlegungen zum Leben und zur Zeit, die verrinnt. 2024 erschien der Lyrikband La bellezza al suo apparire mit drei Elegien, die Matera, Venedig und Rom gewidmet sind. In einer klassischen Form und mit zahlreichen intertextuellen Bezügen schildern die Gedichte zugleich Vergangenheit und Gegenwart dieser Städte.
Die beiden Bände Ladro di schiavi (2011 & 2020), eine Mischung aus Essayistischem, Lesenotizen, Zitaten und Aphorismen, liefern Überlegungen zur Literatur und zu den Verbindungen zwischen den Sprachen. Auszüge aus dem ersten Band erschienen im Beletra Almanako 22 (2015) unter dem Titel Notoj kaj kontrapunktoj in einer Esperantoübertragung von István Ertl. Der Band Sentire le voci (2021) versammelt essayistische Überlegungen zu Büchern und Autoren der Weltliteratur, aber auch zu Künstlern und Ausstellungen, die zuvor auf www.succedeoggi.it erschienen waren. Sie werden gefolgt von einem Vortrag über Franz Kafka und den Ersten Weltkrieg, den Precht 2014 in Venedig gehalten hat.
Raoul Precht schreibt u a. unselbständige Essays über Cervantes, Calderón de la Barca, Quevedo oder Cortázar sowie über Übersetzungstheorien, die in den Zeitschriften Pliegos de cordel, Segismundo, Studi novecenteschi und Traduction & Terminologie erschienen. Gedichte und Erzählungen wurden in den italienischen Zeitschriften Orizzonti, Registro di poesia, in den Online-Magazinen www.pseudolo.it, www.zibaldoni.it et www.succedeoggi.it, aber auch in der luxemburgischen Zeitschrift abril veröffentlicht. In Livres-Bücher rezensiert er Übersetzungen. Precht ist in der Anthologie Scrittori italiani in Lussemburgo (2010) vertreten, engagiert beim CLAE und seit vielen Jahren aktiv beim Salon des Livres et des Cultures.
Veröffentlichungen
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Titel Il peso del mondoJahr[1981]
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Titel Vita del bricconeJahr1991
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Jahr1993
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Jahr1996
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Jahr2002
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Titel Il salto. RomanzoJahr2003
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Titel Vaga favillaJahr2004
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Jahr[2008]
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Jahr2010
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Jahr2011
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Jahr2014
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Jahr2015
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Titel SchuhlinJahr2015
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Titel L'anno santo di RomaJahr2017
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Titel CastelporzianoJahr2019
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Jahr2020
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Titel Sentire le vociJahr2021
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Jahr2022
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Jahr2023
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Jahr2024
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Jahr2024
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Jahr2024
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenabrilVerwendete NamenRaoul Precht
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Titel der ZeitschriftenLivres-Bücher. Un supplément du TageblattVerwendete NamenRaoul Precht
Sekundärliteratur
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Autor(in) Nicolò La Rocca
Jahr2008 -
Autor(in)Jahr2010
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Autor(in) Fabrizio Falconi
Jahr2015
Weblinks
Zitiernachweis:
Sahl, Nicole: Raoul Precht. Unter: , aktualisiert am 03.07.2024, zuletzt eingesehen am . -