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Foto: Gast Groeber


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© Philippe Matsas/CNL

Gast Groeber

Luxemburg

Gast Groeber wuchs in Hollerich auf, wo er die Grundschule besuchte. Nach dem Abitur am hauptstädtischen Athenäum 1980 absolvierte er die Lehrerausbildung am ISERP. Ab 1982 war er als Lehrer in verschiedenen Grundschulen in der Stadt Luxemburg tätig (Bonneweg, Eich, Mühlenbach, Pfaffental und Dommeldingen). Seit 2003 arbeitete er in verschiedenen Funktionen, von 2007 bis zu seiner Pensionierung 2020 als verantwortlicher Leiter im Centre technolink der Stadt Luxemburg, einer Abteilung der Schulverwaltung, die für die Ausstattung der Schulen mit Computern, Internet und neuen Technologien zuständig ist.

Gast Groeber veröffentlichte von 1981 bis 1982 kleinere Beiträge in den Zeitungen De Kregéilert und Zoustänn – Zeitung fir fräi Expressioun. Er debütierte mit dem Jugendroman De Griss (2010), der in der Tradition der Enid-Blyton-Romane die Geschichte einer Jugendgruppe erzählt, die sich mit einem in einer Dorfgemeinschaft marginalisierten und schrulligen alten Mann befreundet. Der Roman thematisiert die Ängste und Lebenseinstellungen junger Menschen, die Funktionsweise sozialer Kontrolle in einer Dorfgemeinschaft, den Umgang mit Außenseitern und die Werte der Freundschaft, des Gemeinsinns und des Respekts als  Grundlage gesellschaftlichen Miteinanders, sowohl innerhalb als auch  zwischen den Generationen. 

Seit 2012 veröffentlicht Gast Groeber auch Prosa für Erwachsene. Im Mittelpunkt seines Werkes steht der Konflikt zwischen der Freiheit des Einzelnen und dessen Grenzen in einer von Materialismus geprägten, neoliberalen Gesellschaft. Wiederholt treten in der Prosa von Gast Groeber Einzelgänger, Aussteiger oder Ausgegrenzte auf, durch deren Blick auf die Gesellschaft erkennbar wird, wie sehr die Freiheiten des Individuums durch die von außen auferlegten Regeln und Normen eingegrenzt werden. Weitere Themen in seiner Prosa sind die Ängste, die Vereinzelung und die als notwendig erachtete Abgrenzung zu einer als Bedrohung gezeichneten Masse sowie psychische Probleme. Groeber reflektiert in seinen Erzählungen zudem den Schreibprozess.

Im Roman Manu (2012) schildert Gast Groeber den Ausbruch eines Eventmanagers aus seiner Bürgerlichkeit. Vor dem Hintergrund einer existentialphilosophischen Diagnose von der Absurdität der Welt beschreibt der Erzähler die Befreiung aus einer kapitalistischen Leistungsgesellschaft und stellt dem ein selbstbestimmtes Leben in einer Dorfgemeinschaft in Südfrankreich gegenüber. Das zwischenmenschliche Miteinander im Roman wird als gestört beschrieben. Die Spezifik der Erzählperspektive besteht darin, dass der Protagonist die Fertigkeit besitzt, die Gedanken seiner Mitmenschen zu lesen.

Die 2012 beim Concours littéraire national ausgezeichnete Erzählung Eng Duerfidyll wurde in die Kurzgeschichtensammlung All Dag verstoppt en aneren (2013) aufgenommen, die 2016 den European Union Prize for Literature erhielt. Der Band wurde ins Serbische, Bulgarische, Kroatische und Griechische übersetzt. Der Roman Weekend mat Bléck op Fräiheet (2015) erzählt die Geschichte einer aus Russland gebürtigen Luxemburgerin, in der infolge einer Infragestellung des Alltagslebens zwischen einengendem Berufsleben und eingrenzendem Privatleben die Protagonistin einen selbstbestimmten Weg sucht. Der Roman ist zugleich eine Geschichte einer Befreiung einer Frau aus gesellschaftlichen und sexuellen Zwängen. In dem gesellschaftskritischen Roman wird das Lebensmodell eines auf Wohlstand, äußeres Ansehen und Schein basierenden Erfolgslebens in Frage gestellt, die Scheinheiligkeit in von Gewalt und Hierarchien festgezurrten Beziehungen kritisiert und die Oberflächlichkeit im Alltagsleben desavouiert.

Eng Stad ënnert dem Himmel(2016) ist ein Band von 13 Kurzgeschichten, die durch die namenlos bleibenden Figuren miteinander verwoben sind und in denen aus einer jeweils anderen Perspektive Geschehnisse und Beobachtungen unterschiedlich beschrieben werden, so dass sich aus den Einzelgeschichten ein Panorama zusammensetzt. Groeber zeichnet das Bild einer Gesellschaft, in der sich Individuen in emotionale oder virtuelle Welten flüchten und deren Außenbeziehung zur Welt von der Suche nach einem sinnvollen Leben gekennzeichnet ist. Im Mittelpunkt stehen emotionale Konflikte, die im Alltag aus den Erfahrungen des Todes, der Trennung der Liebenden, der Trauer, der Erinnerungen und des Begehrens entstehen. In der Novelle Zweemol schwaarze Kueder (2018) erzählt Gast Groeber von einem wohlhabenden Mittelstandspaar, das sich auseinandergelebt hat und ein Leben im trügerischen Schein führt. Individualismus und Karrierismus werden als Einstellungen entlarvt, die geschlechtsspezifische Machtkonstellationen in einer Beziehung dominieren und eine Sinn- und Vertrauenskrise herbeiführen. Groeber schildert auch den Einfluss sozialer Medien auf die Privatsphäre.

Einen Einbruch in die Privatsphäre erlebt auch der Protagonist des Romans Nuetsfuerer (2021), als er aus der Stadt aufs Land zieht. Dort wird er nicht nur sehr schnell in die Dorfgemeinschaft aufgenommen, sondern auch mit einem dunklen Kapitel der Dorfgeschichte konfrontiert, die er als Schriftsteller aufarbeiten soll. Die historischen Nachforschungen werden dabei sowohl durch die Renovierungsarbeiten des Protagonisten an einer alten Schmiede als auch durch seine Vorliebe für nächtliche Ausflüge gespiegelt.

Gast Groeber veröffentlicht auch Beiträge in Zeitschriften und Anthologien, wie z.B. in Impossible Readings (2016), Les Cahiers luxembourgeois (2017), Galerie (2019), Eng Rees am Krees (2019), 1910-PM (2020) oder This Hard Minett Land (2022).

Gast Groeber, der regelmäßig in Luxemburg auftritt, etwa bei den Impossible Readings oder bei Word in Progress, hatte 2017 die Autorenresidenz im Rahmen der Walfer Bicherdeeg inne. Für die Kurzgeschichte Aktuelle Wettervorhersage: vorwiegend dichter Nebel, eine deutschsprachige Flucht- und Migrationsgeschichte eines kleinen Jungen, der als Illegaler in einem LKW mitfährt, erhielt Gast Groeber 2018, ex aequo mit Jean Back, im Rahmen des Europäischen Literaturpreises und des Wettbewerbs European Stories den Preis der Europäischen Parlamentarier. Er erhielt zweimal den Lëtzebuerger Buchpräis: 2014 in der Kategorie Literatur für All Dag verstoppt en aneren und 2019 in der Kategorie Coup de cœur du jury für Zweemol schwaarze Kueder. Groeber unterhält einen Blog, in dem er seine Lektüreeindrücke und -anmerkungen, unveröffentlichte Texte und Gedankensplitter zugänglich macht.

Gast Groeber ist Gründungsmitglied des 2020 gegründeten Schriftstellerverbandes A:LL Schrëftsteller*innen.

Dieser Artikel wurde verfasst von Claude D. Conter und Fabienne Gilbertz

Veröffentlichungen

Übersetzungen

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    abril
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  • Titel der Zeitschriften
    Cahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des arts
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  • Titel der Zeitschriften
    Kregéilert (De). Onofhängeg Jugendzeitung. Erausgin vun der JIV-Uarbéchtsgrupp Esch
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  • Titel der Zeitschriften
    kulturissimo. mensuel culturel et socio-politique
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    Gast Groeber
  • Titel der Zeitschriften
    Lëtzebuerger Journal / Letzeburger Journal / Journal / LJ. Politik, Finanzen a Gesellschaft
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    Gast Groeber
  • Titel der Zeitschriften
    Livres-Bücher. Un supplément du Tageblatt
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  • Titel der Zeitschriften
    Zoustänn. Zeitung fir frai Expressioun
    Verwendete Namen
    Gast Groeber

Sekundärliteratur

Auszeichnungen

Mitgliedschaft

  • A:LL Schrëftsteller*innen
Zitiernachweis:
Conter, Claude D./Gilbertz, Fabienne: Gast Groeber. Unter: , aktualisiert am 29.01.2024, zuletzt eingesehen am .