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© Mierscher Kulturhaus

Olivier Garofalo

Luxemburg

Olivier Garofalo besuchte in Bettemburg die Grundschule und ab 1997 das Lycée Hubert Clement in Esch/Alzette. Nach dem Abitur 2005 studierte er zunächst an der Universität in Luxemburg europäische Kulturwissenschaften und Germanistik; nach dem Bachelor-Abschluss studierte er von 2008 bis 2010 Germanistik und Erziehungswissenschaften an der Universität in Trier. Beide Studiengänge schloss er mit Arbeiten zum Theater ab: 2008 mit einer Arbeit über Lessings bürgerliche Trauerspiele und 2010 über Ulf Schmidts Theatertext sich Gesellschaft leisten. Olivier Garofalo hat früh Regieabeiten übernommen. 2005 inszenierte er für Independent Little Lies die von ihm selbst verfassten Monologe für einen Schauspieler, Tell Me Sweet Little Lies, es folgten Inszenierungen von Stücken von Thomas Brasch am Kasemattentheater (2006), von Else Lasker-Schüler in Bruchsal (2011). Bereits vor und während des Bachelor-Studiums nahm er an mehreren Theaterworkshops teil, so 2007 am Workshop Kreatives Schreiben an der Uni Luxemburg unter der Leitung von Theresia Walser und 2010 an der Schreibwerkstatt an der Uni Trier unter der Leitung von Kathrin Röggla. Während seiner Master-Studien war er stellvertretender Leiter und Dramaturg bei bühne1, Theater Trier. Nach seinen Studien arbeitete er von Frühjahr 2011 bis Herbst 2015 zunächst als Dramaturg, später als Chefdramaturg an der Badischen Landesbühne in Bruchsal. Von Ende 2015 bis Ende 2019 war er Dramaturg am ETA-Hoffmann-Theater in Bamberg. Daneben war er von 2016 bis 2019 als Lehrbeauftragter und 2020 als Gastreferent an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg tätig. Seit Herbst 2019 ist er Dramaturg und Dramatiker am Rheinischen Landestheater Neuss.

Als Dramaturg debütierte Olivier Garofalo 2008 unter der Leitung von Ali M. Abdullah am TNL mit Nico Helmingers Seven Up and Some Down; ein Jahr später war er freier Dramaturg bei Frédéric Frenays Inszenierung von Thea Dorns Bombsong durch MASKéNADA und das Escher Theater. In Bruchsal war er 2014/2015 Mitglied des künstlerischen Leitungsteams des Theaterfestivals Utopolis. Olivier Garofalo hat Bühnenadaptationen geschrieben, Die Schneekönigin (2011) nach dem Märchen von Hans Christian Andersen, Um die Welt in 80 Tagen (2013) nach dem Roman von Jules Verne, Alphaville (2013) nach dem gleichnamigen Film von Jean-Luc Godard, Dshihad Online (2018) nach dem Roman von Morton Rhue, das Musiktheaterstück Das denkende Herz (2019) nach den Tagebüchern von Etty Hillesum oder die musikalische Revue La Grande Dame (2024) nach der Biografie Marlene Dietrichs.

Als Theaterautor beschäftigt sich Olivier Garofalo insbesondere mit dem Verhältnis zwischen Politik, Krieg, Gewalt, Terrorismus, Macht und Angst, aber auch mit den Themen des sozialen Wandels und des Ideals der Freiheit. Sujets sind etwa die RAF in Die Todesnacht in Stammheim (2012), französische Revolutionäre wie Danton in Danton! Tod? (2013), die Folgen des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan im Dokumentartheaterstück Out of Area. Über die Möglichkeit einer unmöglichen Begegnung (2019), Nationalismen und völkische Ideale im Zusammenhang mit der Neuen Rechten in Am Ende des Tages (2022), die Aktualität des Jungfrau-von-Orléans-Stoffes in Johanna ist tot (2023) oder Kriegs- und Friedensdiplomatie im Zeichen des Westfälischen Friedens in Wann, wenn nicht jetzt? (2023).

Made (2009/10) ist ein Stück einer allmählichen Entfremdung zwischen zwei Menschen. sweetdreams (2009) ist eine sozialkritische Auseinandersetzung in vier Sprachen, Luxemburgisch, Deutsch, Französisch und Englisch, mit dem Alltagsleben in Luxemburg und dessen Widersprüchen zwischen Reichtum und Armut, Konformismus und Marginalisierung, Patriotismus und Internationalität. Heimat ist kein Ort (2017) legt anhand einer Familienkonstellation die Problematik der Gentrifizierung und der Marginalisierung sozial Benachteiligter dar und schließt zugleich an die in anderen Stücken thematisierte Ungleichheit in der Sozial- und Wirtschaftspolitik an. An der Seite von Ian De Toffoli, Jeff Schinker und Nico Helminger beteiligte sich Garofalo am Projekt Oh du do uewen, deem seng Hand (2017), das diverse Neuinterpretationen griechischer Mythen auf die Bühne des Kasemattentheaters brachte. In Warte nicht auf den Marlboro Mann (2019) werden am Beispiel der Begegnung einer in der Waffenindustrie tätigen Karrierefrau mit dem besten Freund ihres bei einem Motorradunfall verunglückten Lebenspartners im Wartezimmer eines Krankenhauses unterschiedliche Auffassungen zur Vereinabarkeit von Berufs- und Privatleben, dem rechten Verhältnis von Sicherheitsbedürfnis und Freiheitssehnsucht oder auch der allgemeinen Frage nach einer moralischen Lebensführung abgehandelt. Die halbszenische Konzertproduktion Begegnung mit Beethoven (2021) ist eine musikalisch-literarische Auseinandersetzung des Autors Garofalo mit dem Werk und der Person des Komponisten. Aus Anlass des 150. Geburtstags von Nikolaus Welter realisierte Olivier Garofalo für das Merscher Kulturhaus das in der Gegenwart spielende Auftragsstück Im Umbruch (2022). Der als klassisches Trauerspiel angelegte Fünfakter über den Einbruch des Politischen in das Privatleben einer bürgerlichen Durchschnittsfamilie speist sich aus zentralen Aussagen und Motiven der welterschen Werke Die Braut und Im Dienste. Thematisiert werden u.a. die Fragen nach der Heimat und dem Nationalismus, der Einfluss politischer Macht in Zeiten des Wandels, der Ethos des Einzelnen im Hinblick auf sein Handeln, die Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft oder die Bedeutung von Erziehung und Pädagogik für eine aufgeklärte Jugend.

Olivier Garofalo engagiert sich ebenfalls im Bereich des Kinder- und Jugendtheaters. Es ist, was nicht war (2015) ist ein Klassenzimmerstück über häusliche Gewalt und Alkoholismus, das sich an Jugendliche ab 12 richtet und aus dem Monolog einer fingierten Schülerin besteht, die sich einer neuen Klasse vorstellt und von den Problemen ihrer Freundin erzählt. Es wurde an der Badischen Landesbühne in Bruchsal uraufgeführt und gastierte bei den baden-württembergischen Theatertagen in Heidelberg, am Lycée Nic Biever in Düdelingen sowie im Schloss Bettemburg. In Zusammenarbeit mit der Philharmonie Luxembourg entstanden das musikalische Weihnachtsstück D’Mäerche vum Liefkuchmeedchen (2023) für Kinder ab 6 Jahren, das von der inneren Selbstfindung eines unglücklichen Mädchens erzählt, sowie das musikalische Märchenstück De roude Léiw (2024) für Kinder ab 4 Jahren, in dem das nationale Wappentier bei einem Ausflug in eine Fantasiewelt das friedliche Zusammenleben unterschiedlichster Lebewesen entdeckt.

Außerdem schreibt Olivier Garofalo Kurzgeschichten sowie literatur- und gesellschaftskritische Essays, die er u.a. im Luxemburger Wort, im Tageblatt oder in der Wiener Literaturzeitschrift Podium publiziert hat. Das Stück Z wie Zombie ist 2018 in Les Cahiers luxembourgeois erschienen. Den Essay Vom Verschwinden des Subjekts (2020) zu Sibylle Berg hat er in der Fachzeitschrift Text + Kritik veröffentlicht.

Olivier Garofalo ist in Berufsverbänden tätig. Er ist Gründer der Vernetzungsgruppen der Dramaturgen des Kinder- und Jugendtheaters Baden-Württemberg, Gründungsmitglied der AG Landesbühnen innerhalb der Dramaturgischen Gesellschaft und des theaterautor*innen-netzwerks sowie Mitglied des Verbands der Theaterautor:innen (VTheA) und des 2020 gegründeten Luxemburger Schriftstellerverbandes A:LL Schrëftsteller*innen. 2017 hatte er die Autorenresidenz im Théâtre national du Luxembourg inne, im Rahmen derer er das Stück Heimat ist kein Ort schrieb und die Rede zum Theater verfasste, in der er seine Forderung nach einem interkulturellen Theater deutlich machte.

Dieser Artikel wurde verfasst von Claude D. Conter und Tim Reuter

Veröffentlichungen

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    Cahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des arts
    Verwendete Namen
    Olivier Garofalo

Sekundärliteratur

Auszeichnungen

Mitgliedschaft

  • A:LL Schrëftsteller*innen
  • Namasté
Zitiernachweis:
Conter, Claude D./Reuter, Tim: Olivier Garofalo. Unter: , aktualisiert am 29.01.2024, zuletzt eingesehen am .