Wir verwenden essenzielle Cookies, um Ihnen ein besseres Erlebnis auf unserer Website zu gewährleisten. Mehr erfahren

Foto: Roger Leiner


Foto:
© CNL

Roger Leiner

Wiltz Ettelbrück

Pseudonyme: airelle ; LR ; Reniél ; M.A. Rienel ; RL

Roger Leiner besuchte die Grundschule in Diekirch und anschließend das dortige Lycée classique. Nach dem Abitur im Jahre 1974 studierte er bildende Künste an der Université des Sciences humaines in Straßburg, um Kunstlehrer zu werden. 1979 trat er im Wirtschaftsministerium in den Staatsdienst ein, bis er sich 1986 als Comiczeichner und Illustrator selbstständig machte.

Roger Leiner begann seine Karriere als Comiczeichner 1982 in d’Lëtzebuerger Land. Im satirisch-humoristischen Teil dieser Zeitung d’Ländchen kommentierte er allwöchentlich das luxemburgische Zeitgeschehen mit Karikaturen in deutscher Sprache. Neben Einflüssen der amerikanischen Underground Comix der 1960er und 1970er Jahre, allen voran dem Zeichenstil von Robert Crumb, spielten auch die belgische und französische BD-Kulturen eine große Rolle bei der Entwicklung von Roger Leiners Stil.

1986 lernte er Lucien Czuga kennen, der einen Zeichner für seine wöchentliche Kolumne in der Zeitschrift Weekend suchte. Aus dieser ersten Zusammenarbeit heraus entstanden die Comicstrips De Pechert, die den Alltag tölpelhafter Verkehrsüberwachungsbeamter verfolgte. 1987 begann die Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Revue, die damit ihre lange Comictradition fortsetzen konnte, die sie Ende der 1940er Jahren mit den Comics von Pe'l Schlechter begonnen und ab den 1950er Jahren mit den Fortsetzungsgeschichten von Gab Weis weitergeführt hatte. 1986 übernahm Roger Leiner die Karikaturenseite der Revue, für die er bereits ab 1984 gelegentlich gearbeitet hatte. 1987 stieß Lucien Czuga als Autor hinzu und die beiden wandten in Leinereien mat Czugabe gesellschaftspolitischen Themen der Tagesaktualität zu. Mit dem Erscheinen der ersten Déiere-Rubrik im Jahre 1989 hatten Roger Leiner und Lucien Czuga ein Format gefunden, in dem sie visuelle Kalauer und Wortspiele aus dem Tierreich auf unterschiedliche Bereiche des Lebens anwenden konnten. Die Comics aus diesen drei Reihen erschienen zunächst wöchentlich in den jeweiligen Zeitschriften und nach und nach als Sammelbände. 1989 erschien der erste Sammelband Pech fir de Pechert, auf den 1993 und 2002 noch zwei weitere folgten. 2008 erschien ein farbiges Album im Piccoloformat. Die Déire-Rubrik füllt insgesamt acht Sammelbände, die zwischen 1992 und 2017 veröffentlicht wurden. Von Leinereien mat Czugabe erschienen 2003 und 2010 zwei Sammelbände mit ausgewählten Comics. Ab 2013 wurde dieses Schema für das letzte gemeinsame Projekt, Hot Cuisine, auf die kulinarische Welt übertragen. Roger Leiners Sohn Joe Leiner war hier erstmals mit von der Partie.

Ausschlaggebend für den langanhaltenden Erfolg des Duos ist vor allem die Figur des Superjhemp. Die Idee eines luxemburgischen Superhelden geisterte bereits in den 1970er Jahren in Lucien Czugas Kopf herum und mit Roger Leiner fand er einen Zeichner mit dem er sie verwirklichen konnte. So wie die Hauptfigur, der Beamte Charel Kuddel, die Karikatur eines typischen Luxemburgers ist, so verkörpert sein Alter Ego Superjhemp die nationalen Werte, Symbole und Klischees. Die Figur inspiriert sich dabei an Jacques Lob und Marcel Gottliebs (Gotlib) Comicfigur Superdupont, die die französischen Stereotypen in ähnlicher Weise repräsentiert und ins kritische Licht rückt. Die Abenteuer von Superjhemp sind mit dem aktuellen Zeitgeschehen verwurzelt und kommentieren die luxemburgische Gesellschaft mit einer Mischung aus harmlosen Wortspielen und Satire. Zwischen 1987 und 1988 erschien De Superjhemp géint de Bommerléer als Fortsetzungscomic in der Revue und im November 1988 schließlich als Album. Auf dieses Album folgte bis 2014 jährlich ein weiteres Album. Neben den insgesamt 26 Bänden sind noch drei Bände mit Kurzgeschichten und zwei Sammelbände erschienen. Nach dem Abschluss der Superjhemp-Reihe wurden 2013 und 2016 zwei Alben mit Kurzgeschichten über die Kindheitsabenteuer des Superhelden unter dem Titel Littel Superjhemp veröffentlicht. 2008 erschien das Luxusburger Lexikon, das Begriffe aus dem Superjhemp-Universum zusammenträgt und erläutert. 2018 erschien ein von Claude Waringo produzierter Spielfilm über den Superhelden, in dem André Jung, Désirée Nosbusch, Jules Werner und Jean-Paul Maes, unter der Regie von Felix Koch, die Hauptrollen übernahmen. Superjhemp retörns ist mit über 60 000 verkauften Eintrittskarten der erfolgreichste luxemburgische Spielfilm. Der Film wurde 2019 bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin und beim Starring Europe Festival in Los Angeles gezeigt.

Neben Superjhemp arbeiteten Roger Leiner und Lucien Czuga noch an weiteren eigenständigen Alben zusammen. 1991 erzählten sie in dem auf historischen Fakten beruhenden Comic De stolen A die Geschichte des Stahlproduzenten ARBED. 1992 erschien der sozialkritische Comic Jimmy, in dem die Geschichte eines jungen Mannes erzählt wird, der ins Drogenmilieu abrutscht. Das Album Vum Siggy bis bei d’City verstrickt historische Fakten mit einer fiktionalen Rahmengeschichte, um die Geschichte der Stadt Luxemburg zu erzählen. Dieser Comic war 2013 von der Stadt Luxemburg anläßlich des 1050. Gründungsjubiläums der Stadt in Auftrag gegeben worden und erschien 2015 in einer luxemburgischen sowie in einer französischen Fassung.

Obwohl die bekanntesten Alben zusammen mit Lucien Czuga entstanden sind, arbeitete Roger Leiner an vielen weiteren Projekten mit. Seinen ersten großen Erfolg feierte er 1983 mit dem ersten Karikaturenband der sogenannten Carl-Kliem Collection, die er zusammen mit Jean-Pierre Thilges publizierte. Die dreibändige Reihe, die den chaotischen Arbeitsalltag in der Interbank-Broker-Welt von Carl Kliem zeigt, verkaufte sich insgesamt über 10 000 Mal. 1986 gab er den Sammelband Cartoons contra Cattenom gegen die Errichtung des Kernkraftwerks in Cattenom heraus, in dem sich unter anderem Karikaturen von François Didier (Diti), Roger Folmer, Pol Leurs, Guy W. Stoos und Serge Weis befinden. 1997 und 2001 illustrierte er die beiden Geschichten von Robert Soisson Décke Gas an der Krommheck und Ech och zum Thema der Kinderrechte. Zuvor hatte er bereits die Illustrationen für Adrien RiesGrossherzoginsgeburtstag, für Jhemp Hoscheits Lut aus, Spott un, für Alain Attens Sproochmates-Reihe und für unzählige weitere Publikationen geliefert. Auf der Basis von bis dahin unveröffentlichten Illustrationen von Roger Leiner verfasste Peter Udelhoven 2023 das Kinderbuch Gréidi. Die Geschichte handelt von einem in die Jahre gekommenen, übergewichtigen Ardennerpferd, das von den anderen Hoftieren gehänselt wird, bis es eines Tages den Hof vor einer Brandkatastrophe bewahrt.

Roger Leiner war Mitglied der AFO (Atlantic Film Organisation) und war als Zeichner an der Produktion von kurzen Zeichentrickfilmen und Werbespots beteiligt. Die AFO war in den 1980er Jahren um das Diekircher Gymnasium entstanden war und zählt auch Maisy Hausemer und Paul Scheuer mit ihren Mitgliedern. Im Rahmen des Kulturjahres 1995 entstand der Zeichentrickfilm Melludram über die Melusinalegende.

Neben Zeichnungen für narrative Werke zieren die Illustrationen von Roger Leiner zahlreiche öffentliche Aufklärungskampagnen, z.B. zur AIDS-Prävention, gegen das Rauchen, für Kinderrechte, usw. Er entwarf die Kampagne Wibbel an Dribbel für das Sportministerium und illustrierte Schulbücher für den Französischunterricht. Zahlreiche lokale Verbände und Unternehmen wandten sich über die Jahre an Roger Leiner um ihre Publikationen mit Zeichnungen aus seiner Feder auszuschmücken. Aus den beliebten Reihen De Superjhemp und De Pechert entstanden Anfang der 90er Jahre zwei Gesellschaftsspiele-De Ramplassang. E Spill mam Superjhemp und Parkking. E Spill mam Pechert, mit Zeichnungen von Roger Leiner.

Roger Leiner organisierte eigene Ausstellungen und nahm an zahlreichen internationalen Comicfestivals teil. Er war jedes Jahr auf dem Festival de la BD in Contern vertreten.

2015 erhielt er zusammen mit Lucien Czuga den Lëtzebuerger Buchpräis der Fédération des Éditeurs für sein Lebenswerk.

Dieser Artikel wurde verfasst von Claude Kremer

Veröffentlichungen

Sonstige Mitarbeit

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    Flydoscope. magazine de Luxair
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Kéisécker (De). Zäitschrëft fir de Mënsch a seng Emwelt
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Lëtzebuerger Land (d') / d'Letzeburger Land / LL. unabhängige Wochenschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Livres-Bücher. Un supplément du Tageblatt
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Mierscher Gemengebuet (De)
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Revue / Lëtzebuerger illustréiert Revue
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Tageblatt / Escher Tageblatt = Journal d'Esch. Zeitung fir Lëtzebuerg
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Weekend. Freizeittips fürs Wochenende
    Verwendete Namen
    Roger Leiner
  • Titel der Zeitschriften
    Zack
    Verwendete Namen
    M.A. Rienel

Sekundärliteratur

Auszeichnungen

Mitgliedschaft

  • CartoonArt.lu (Ex Kiischpelter Cartoonale)
  • Cercle Comics asbl

Archiv

  • CNL L-400
Zitiernachweis:
Kremer, Claude: Roger Leiner. Unter: , aktualisiert am 29.01.2024, zuletzt eingesehen am .